Liebe Freunde, was war das denn bitte für ein Ostermontag? Großartiges Wetter, atemberaubende Kulisse, tolle und faire Stimmung und ein spannendes Spiel. Aber der Reihe nach.

Lange habe ich auf diesen Tag hingefiebert, nachdem die SG Scherfede-Rimbeck-Wrexen am Ende der vorletzten Saison den bitteren Gang in die B-Liga antreten musste, aber sofort den Wiederaufstieg schaffte, stand an diesem Ostermontag endlich wieder das einzige echte Derby im Fußballkreis Höxter auf dem Programm: SV 21 Bonenburg gegen SG Scherfede-Rimbeck-Wrexen!

Rumms. Das klingt nach Fußball. Nach Leidenschaft. Nach Emotionen. Nach Schwertgeklirr und Wogenprall. Ein echter Gegensatz zum weichgespülten Lulli-Fußball im kärglich entlohnten Profi-Segment.
Auf verschiedenen Wegen erreichten mich bereits im Vorfeld Informationen, dass auch die Gäste sich einiges vorgenommen haben. Alles, was die Mannschaft an Personal zur Verfügung habe, solle auch an Bord sein, zudem würden sich die Fans zahlreich auf den Weg nach Bonenburg machen, in Teilen auch zu Fuß. Es deutete sich also ein echtes und großes Derby an.

Aus diesem Grunde entschloss ich mich schweren Herzens, in Bonenburg zu bleiben, obwohl die zweite Mannschaft an diesem Nachmittag bereits um 12.30 Uhr beim VfR Borgentreich III antreten musste.

Während ich also bereits um 13.25 Uhr am Bonenburger Sportplatz weilte, um alles vorzubereiten und das gesamte Aufwärmen unserer Mannschaft mit entsprechender, eigens vorbereiteter Beschallung zu versorgen, war ich über die Ereignisse in Borgentreich zumindest ergebnistechnisch auf dem Laufenden.

Das Spiel dort ist schnell umrissen. In einer sehr fairen Partie siegten die Gastgeber durch zwei Tore durch Manuel Conze (34., 64.) gegen unsere abermals ersatzgeschwächte Mannschaft (Lukas Pieperling, Bernhard Schwiddessen und Daniel Berendes gehörten erneut zum Kader der Ersten, u.a. Kapitän Daniel Sommer fiel anderweitig aus) mit 2-0. Dennoch schlug man sich wacker, wie Jens Ehle später zu Protokoll gab. Schiedsrichter Elmar Scherf hatte keine Probleme mit der Begegnung, musste nur einmal zur Gelben Karte greifen, allerdings gegen die Gastgeber.

Nach dem Abpfiff hatten es die Spieler eilig, zurück nach Bonenburg zu kommen, schließlich wollten auch sie sich das anstehende Derby nicht entgehen lassen.

Währenddessen wurde ich am eigenen Platz Zeuge, wie zunächst eine Scherfeder Gruppe nach der anderen an den Platz kam und auch die Bonenburger Fanseite füllte sich zusehends. Phasenweise entstanden an der Kasse sogar Warteschlangen, ein Umstand, den man auch in Bonenburg nicht häufig sieht.

Während des Spiels zählten wir einmal grob durch und kamen auf der Gegenseite auf etwa 120 Scherfeder Fans, einige von ihnen befanden sich zusätzlich auf unserer Seite. Insgesamt konnte eine überragende Zuschauerzahl von mehr als 300 konstatiert werden. Ein großes Kompliment an beide Fanfraktionen, das war groß! Auch eine Vereinsfahne zierte die Gegenseite, zusätzlich hatte man dort eine Gasfanfare im Einsatz, die angemessen und passend eingesetzt wurde.

Bei echtem Kaiserwetter, strahlend blauem Himmel und frühsommerlichen Temperaturen jenseits der 20-Grad-Marke war alles angerichtet für ein wahres Fußballfest. Schiedsrichter Torben Enriquez Vega ließ mich die Mannschaftsaufstellungen vollständig verlesen, ehe er pünktlich um 15.00 Uhr die Partie eröffnete.

Von Beginn an entwickelte sich eine wahnsinnig intensive Partie, die weniger von fußballerischen Glanzpunkten, als vielmehr von der knisternden Spannung lebte. Viele Zweikämpfe prägten das Geschehen, es wurde auf beiden Seiten um jeden Millimeter Boden gekämpft.
Die erste Chance hatte der SVB dabei bereits nach zwei Minuten, als Jaspar Wagemann der Scherfeder Hintermannschaft über links enteilen konnte, dann aber doch einen Haken zuviel schlug, so dass er sich in der wieder sortierten Abwehr der Gäste festlief.
In der 9. Minute kamen auch die Gäste zu einer ersten gefährlichen Aktion, als sie den Ball von halbrechts flach aufs Tor schossen, Keeper Lutz Müller machte sich ganz lang und konnte den Ball zur Ecke um den linken Torpfosten herumlenken.
Drei Minuten später war es der emsige Julian Meyer, der über rechts einen schönen Seitenwechsel auf die linke Seite initiierte, wo Toni Norberts lauerte, doch dessen etwas unplatzierter Kopfball landete beim Scherfeder Keeper.

Nur wenig später landete eine Flanke von Spielmacher Daniel Schäfers abermals bei Toni, diesmal ging der Ball knapp am Scherfeder Gehäuse vorbei.

Knapp 20 Minuten waren auf der Uhr, als die Gäste die Riesenchance zur Führung hatten: Ex-Bonenburger Tommy Müller, der vor Anpfiff freundlich an seiner alten Wirkungsstätte begrüßt wurde, war in der Mitte urplötzlich ganz alleine auf dem Weg in Richtung Lutz, wollte diesen mit einem Lupfer übertölpeln, doch Lutz roch den Braten und pflückte den Ball gekonnte herunter.

Nach etwa der Hälfte der absolvierten ersten Halbzeit unterbrach der Schiedsrichter zugunsten einer kurzen Trinkpause, zollte damit den Temperaturen Tribut.

Danach verflachte die Partie etwas, es gab anstatt echter Torgelegenheiten die eine oder andere Gelbe Karte, unter anderem für Jaspar Wagemann, der unweit der Bonenburger Bank an der Außenlinie seinen Gegenspieler umnietete (44.). Kurz zuvor musste abermals Lutz Kopf und Kragen riskieren, als er im eins gegen eins gegen einen heranstürmenden Gästespieler die Oberhand behielt.

Auch auf Scherfeder Seite gab es Verwarnungen, unter anderem erhielt einer die Gelbe Karte wegen Meckerns.

Nach einer kurzen Nachspielzeit bat der Schiedsrichter zur Halbzeit. Die Stimmung war durchweg positiv, es lag keinerlei Aggressivität in der Luft, sondern einfach echte Festtagsstimmung. Der Stadionwurst- und Getränkeverkauf brummte, das Spiel war auf Messers Schneide, so konnte es weitergehen. Mit dem besseren Ende für uns, so hofften wir natürlich. Aber das war so ein Spiel, in dem Kleinigkeiten entscheiden würden, soviel war klar. Womöglich entschied derjenige das Spiel für sich, der das erste Tor schoss. Und für diese beiden phantastischen Phrasen werde ich am Sonntag etwas ins Phrasenschwein werfen. Versprochen.

Unverändert ging unsere Mannschaft den zweiten Durchgang an, es gab auch wenig Grund, etwas zu verändern. Einzig eine etwas bessere Chancenverwertung wäre bis hierher wünschenswert gewesen.

Die erste Chance im zweiten Durchgang gehörte dann wieder den Hausherren. Der fleißige Jaspar war abermals mit schnellen Schritten der Gästeabwehr über halblinks enteilt, doch sein überhasteter Schuss verfehlte das Ziel deutlich. Nach 58 Minuten war es Daniel Schäfers, der in halblinker Position ziemlich frei zum Schuss kam, doch er traf den Ball nicht richtig, so dass keine wirkliche Gefahr für das Scherfeder Tor entstand.

Nun wechselte unser Trainertem erstmals Florian Ernst kam für Dennis Kleinert in die Partie.

In der 63. Minute bekamen die Gäste zentral vor dem Tor in guter Position, etwa 20 Meter vor dem Gehäuse, einen Freistoß zugesprochen. Wie so oft eierte man ziemlich lange herum, der letztendliche Schuss ging dann doch deutlich über den Querbalken.

Sekunden später schwächten die Gäste sich dann selber. Der Spieler, der im ersten Durchgang bereits wegen der Ausübung der durch das Grundgesetz verbrieften freien Meinungsäußerung verwarnt worden war, legte unweit der Mittellinie seinen Gegenspieler in Griechisch-Römischer Manier nieder. Der Bonenburger Spieler hatte den Boden noch nicht berührt, da hatte der Unparteiische bereits die Gelbe Karte gezeigt, was in Summe bedeutete: Gelb-Rot! Scherfede von nun an nur noch zu zehnt.

In dieser Phase dominierten wieder die Zweikämpfe, Daniel Schäfers erhielt ebenfalls eine Verwarnung wegen gefährlichen Spiels, er hatte das Bein zu hoch ins Universum gestreckt (65.).

In der 68. Minute wechselte unsere Mannschaft erneut, Daniel Berendes ersetzte den an diesem Nachmittag bisher glücklosen Tobias Ricken, der kurz zuvor ebenfalls die Gelbe Karte gesehen hatte, doch die Gefahr, dass aus Gelb schnell Gelb-Rot würde, war zu groß. Schließlich brauchen wir Tobi gegen Brenkhausen am Sonntag, wo man alleine bei der Nennung von Tobis Namen schlaflose Nächte bekommt…

Dann kam die 77. Minute. Ecke für Bonenburg. Daniel Berendes eilt nach außen, bringt den Ball an den Strafraum. Dort steht er. Unweit der Strafraummarkierung. Julian Meyer. Genannt Bomber. Zurecht. Er geht volles Risiko, nimmt den Ball direkt ab. Die Kugel fliegt. Aufs Tor zu. In Richtung rechter Torwinkel. Scherfedes Keeper macht sich lang. Noch länger. Doch es reicht nicht. Der Ball schlägt ein im

TOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOR!
Unfassbar! Was für ein Traumtor! Im Derby! Vor der Kulisse! Ein Jubelorkan brandete über den Sportplatz, den Schrei hat man sicherlich in Kassel gehört!

Blick zur Uhr. Nicht mehr lang. Jetzt Spiel kontrollieren. Die Kugel in den eigenen Reihen sauber und sicher laufen lassen. Keine Standardsituationen vor dem eigenen Tor zulassen.

Doch genau diese Abgeklärtheit ließ unsere Mannschaft in der Schlussphase vermissen, ohne Not ließ man es zu, dass der Gegner nun trotz Unterzahl zurück ins Spiel kam. So auch in der 81. Minute, als sie ziemlich unbedrängt zum Schuss kamen, der Ball haarscharf am Tor vorbeistrich.

In der 88. Minute bekamen sie dann nochmal eine Ecke. Diese wurde in den Strafraum geschlagen. Die SVB-Hintermannschaft unsortiert, bekam den Ball nicht entschlossen genug aus der Gefahrenzone. Der Ball landete bei Marcel Poster, der im Verlaufe des zweiten Durchgangs für Tommy Müller ins Spiel gekommen war, und der konnte flach am chancenlosen Lutz Müller vorbei zum 1-1 einschießen. Verdammt, so kurz vor dem Ziel. Auch der hier nachfolgende Torjubel konnte sich hören lassen.

Ein Scherfeder Spieler provozierte unmittelbar nach dem Treffer noch ein wenig die Heimseite, darauf ging im wesentlichen aber nur einer auf unserer Seite ein, der sich monströs darüber aufregte. Aber es sind Emotionen im Spiel, da kann ich über so etwas auch einmal hinwegsehen. Das gilt auch für den Kollegen auf der anderen Seite des Platzes, der nach einem etwas übereifrigen Kommentar vom Schiedsrichter des Platzes verwiesen wurde.

Der Schiedsrichter zeigte eine Nachspielzeit von fünf Minuten an. Scherfede wirkte mit dem Punktgewinn zufrieden, bemühte sich nicht mehr groß um Offensivaktionen, sondern war um Verteidigung des Erreichten bedacht. Unsere Mannschaft versuchte ihrerseits zwar noch einmal, gefährlich vor den vor den Kasten zu kommen, dies gelang aber auch nicht mehr.

So beendete der Schiedsrichter die Partie beim leistungsgerechten Endstand von 1-1. Nach Chancen, Spielanteilen und eben Treffern war dieses Ergebnis vertretbar und alle, mit denen ich anschließend sprach, waren mehr oder weniger zufrieden. Vor allem, nachdem die Ergebnisse der Konkurrenz bekannt wurden, die allesamt verloren haben. Somit konnten sich beide Parteien durch das Remis zwar nicht endgültig, aber immerhin einen weiteren Punkt von der Gefahrenzone absetzen.

Ein Sonderlob hat sich an diesem Nachmittag der Schiedsrichter verdient. Er bewegte sich gut, war nahezu immer auf Ballhöhe. Von Beginn an zeigte er unmissverständlich, wer Chef im Ring war und glänzte mit sicherem und souveränem Auftreten. Eine in meinen Augen tadellose Leistung, die ich ihm nach Abpfiff auch erst durchs Mikrofon und dann noch persönlich attestierte.

Eines musste nach Abpfiff noch mit den Gästen geklärt werden. Durch mittlerweile aufgeklärte Umstände waren nach dem Hinspiel meine SVB-Fahne sowie der Fanschal der 1. Generation in Scherfede verblieben. Ich hatte mich mit dem Gäste-Fußballobmann Thomas Hoffmann auf eine Ablöse verständigt, die Übergabe erfolgte dann wie verabredet im Mittelkreis.

Insgesamt war es ein toller, stimmungsvoller und fairer Derbynachmittag bei sagenhaftem Wetter vor prächtiger Kulisse und ich bin dankbar, dass ich diesen Tag mitgestalten durfte. Ferner wurden nahezu alle Rekorde in meiner 5 1/2jährigen Zeit als Stadionsprecher unseres wunderbaren Vereins, die weitestgehend aus der letzten Auflage des Derbys stammen, pulverisiert.

Ich freue mich schon jetzt auf die beiden Begegnungen in der nächsten A-Liga-Saison.

Und einen schönen Gruß an die liebe einheimische Sportpresse: Wenn diese ganzen Gurkenderbys im Nordkreis stattfinden, gibt es seitenlange Berichte. Wenn aber in Bonenburg vor gute 300 Fans ein Riesenspiel steigt, hält man es nicht für nötig, sich dessen mal anzunehmen? Traurig, wirklich!

Wir sind einfach ein geiler Verein! Danke!

Nur der SVB!
Euer Werner