Der Sommer neigt sich dem Ende entgegen, aber für den gestrigen Sonntagnachmittag war noch einmal angenehmes Wetter angekündigt. So sollte es dann auch kommen. Als ich allerdings aus dem nordhessischen Ausland in Richtung Bonenburg aufbrach, herrschte noch herbstliche Nebelsuppe mit Nieselregen vor. Die gut 40 Kilometer lange Fahrt führte mich über die Autobahn an Warburg vorbei und nach gut zehn Minuten war ich dann in der Heimat angekommen.
Ich hatte es eilig, denn es war
Großer Heimspieltag!
Schon am Freitag war ich kurz am Sportplatz gewesen und hatte bereits die Anlage weitestgehend aufgebaut, denn am Samstag war die SVB-Bouleabteilung unter Leitung der Ehrenmitglieder Uli Ehle und Reinhard Müller Ausrichter eines großen Turniers, welches trotz durchwachsenen Wetters ein schöner Erfolg war.
So brauchte es nach meiner Ankunft in meinem Wohnzimmer, unserem Allerheiligsten alias Sportplatz, nicht allzu viel Zeit und Mühe, bis ich alles für die anstehenden Spiele unserer Seniorenmannschaften vorbereitet hatte.
An diesem Nachmittag hatten unsere beiden Mannschaften es mit der zweiten beziehungsweise dritten Mannschaft der neu aus der Taufe gehobenen SG SpVgg Egge zu tun, die sich aus den altbekannten Vereinen TuS 1910 Willebadessen sowie dem FC Neuenheerse/Herbram zusammensetzt.
Die Vorzeichen für unsere Mannschaften waren ziemlich unterschiedlich, während unsere Zweite gegen den Tabellendritten eher Außenseiter war, ging unsere Erste als Tabellenführer als Favorit ins Rennen.

II. Mannschaft

Den Anfang machte wie immer die zweite Mannschaft. Diese war personell einmal mehr nicht auf Rosen gebettet, Youngster Henning Schümann fiel ebenso wie Routinier Erik-Johan Brede aus, Sven-Leon Wendel, beim letzten Heimspiel als Fünffach-Torschütze umjubelter Held, konnte immerhin aufgrund verspäteter Ankunft zur zweiten Halbzeit mitwirken. Spielertrainer Andi Richter spielte ebenso wie Ralf Haurand von Beginn an, das Tor hütete Maik Hartmann.

Anpfiff

Der von den Gästen gestellte Schiedsrichter pfiff pünktlich an. Die Gäste erwischten den etwas besseren Start, versuchten von Beginn an, den SVB unter Druck zu setzen. Die erste Chance hingegen hatte unsere Mannschaft, Christian Rüther setzte sich über die rechte Seite schön durch, seine Flanke kam aber zu nah vor das Tor, so dass der Keeper ohne große Mühe klären konnte.
Nun erhöhten die Gäste etwas den Druck, aber zwei Schüsse in der 8. und 10. Minute gingen jeweils links am Gehäuse vorbei. Nach 14 Minuten hatten die Gäste die größte Chance, nach einem erneuten Angriff über die rechte Seite streifte der stramme Abschluss via Direktabnahme den Querbalken und ging ins Toraus.
In der 17. Minute bekam unsere Mannschaft nach Angriff des emsigen Christian Rüther einen Eckball. Daniel Berendes ging nach links außen, um den Ball zu treten. Im Vorfeld sagte er zu einem Mannschaftskameraden: „Den drehe ich rein“. Jaja, mach mal.
Daniel tritt an. Die Kugel fliegt, wird lang, wird länger und dreht sich hinter dem verdutzten Keeper ins TOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOR für den SVB! Wahnsinn! 1-0 (18.). Eine direkt verwandelte Ecke. Hatte ich das überhaupt schon einmal auf dem Sportplatz für unsere Mannschaft gesehen? Keine Ahnung. Uwe Fichtner hat für Menne schon ein paar Eckbälle reingezwirbelt, aber für uns? Hammer!
Die Gäste waren ab da vollkommen von der Rolle, sie waren sicht- und spürbar geschockt. Nach vorne lief bei ihnen überhaupt nichts mehr zusammen, während unsere Mannschaft sichtlich Spaß am Fußballspielen hatten. Ein ums andere Mal fingen sie den Ball ab und spielten blitzschnell in die Spitze.
In der 27. Minute war Thomas Pooch Nutznießer eines solchen feinen Balles, über halblinks eilte er auf und davon, der Keeper kam aus dem Strafraum heraus, mähte einen SVB-Spieler um. Der Schiedsrichter pfiff ab. Thomas bewahrte die Ruhe und brachte den Ball souverän im Tor unter. Doch der Schiedsrichter hatte gepfiffen. Was nun? Wenn es dabei blieb, war das glatt Rot für den Keeper. Der Referee machte das einzig Richtige: Er gab das Tor und gut war. So stand es 2-0 für den SVB (27.)!
Nun folgten die verrücktesten 10 Minuten, die ich mit unserer zweiten Mannschaft bisher erlebt habe. Die Gäste waren vollkommen von der Rolle, ein ums andere Mal spielte unsere Mannschaft den Ball zauberhaft in die Gasse oder ein Angreifer überlief die heillos desorientierte Abwehrreihe der SG Egge quasi mühelos.
So auch in der 32. Minute, als Ralf Haurand sich zentral wunderbar durchsetzte und dem Keeper keinerlei Chance ließ. 3-0!
In der 35. Minute war es wieder Thomas, der abermals goldrichtig zur Stelle war und locker einnetzte. 4-0!
36. Minute. Christian Rüther, ständiger Unruheherd über die rechte Seite, rannte einfach mal aufs Tor zu und nagelte die Kugel am verdutzten wie chancenlosen Keeper vorbei. 5-0!
38. Minute. Erneut Thomas Pooch. Haut dem Keeper die Kugel um die Ohren. Der kann den Ball nicht festhalten, dieser fällt in die Maschen. 6-0!
Was für ein Wahnsinn! Was war denn hier los? Solch eine rauschhafte Halbzeit habe ich mannschaftsübergreifend auch noch nicht erlebt. Und das gegen einen Gegner, der auf dem Papier sicherlich favorisiert war.
Unsere Mannschaft hatte nun fürs erste genug, zwei Wechsel wurden noch vollzogen, Ralf Behnisch und Matthias Niggemann kamen für Christian Rüther und Lukas Sklorz in die Partie.

Halbzeit

6-0-Pausenstand. Hätte mir das einer vor dem Spiel erzählt, den hätte ich wohl für verrückt erklärt. In Sachen SVB bin ich heilloser Optimist, aber das hätte selbst ich nicht für möglich gehalten.
Zur Feier des Tages genossen wir dann zur Pause erstmals seit längerem wieder die engelsgleiche Stimme von Mister Conway Twitty.
Zur Pause wechselte unsere Mannschaft Sven-Leon Wendel ein, der gleich zwei gute Gelegenheiten besaß, aber einmal traf er freistehend den Ball nicht richtig (53.) und einmal setzte er sich schön über halbrechts durch, überlegte aber schon verfüht seinen durchzuführenden Torjubel, zu dem wir allerdings auch schon ansetzten, aber der Ball trullerte haarscharf links am Tor vorbei (61.).
Besser machten es die Gäste, die ihrerseits mehr ins Spiel investierten und die eigentlich schon verlorene Partie noch etwas zu ihren Gunsten zu optimieren suchten. In der 59. Minute gelang ihnen das per Kopf nach einer Maßflanke von der rechten Seite. 6-1.
Doch der Sieg für unsere Zweite geriet zu keiner Phase in Gefahr, zwar hatten die Gäste die eine oder andere Chance, doch sowohl Maik als auch die ungenau tarierten Füße verhinderten da Torerfolge.
Es dauerte bis zur 72. Minute, als ein Gästespieler im Strafraum mutterseelenallein stand und mühelos einschieben konnte, 6-2.
In der 78. Minute stand abermals ein Spieler der SG Egge vollkommen frei im Strafraum, doch diesmal versagten die Nerven und er verzog, so dass der Ball links am Tor vorbeiflog.
Es passierte nicht mehr allzu viel, unsere Mannschaft spielte souverän die Zeit von der Uhr, erspielte sich keine nennenswerten Gelegenheiten mehr, ließ aber auch nichts mehr zu. Sie ruhte sich auf dem in der ersten Hälfte herausgespielten komfortablen Vorsprung aus, so dass sie nicht mehr allzu viel zu tun brauchte. Das ist legitim.
Die Gäste konnten mit einem Treffer in der dreiminütigen Nachspielzeit das Ergebnis noch ein wenig zu ihren Gunsten aufhübschen, freistehend erzielte einer der Ihren das 6-3.

Abpfiff

Das war mal ein herausragender Beginn des Heimspieltages, wie man sich ihn besser nicht hätte wünschen können. Ich freute mich sehr für unsere Mannschaft, die ja erst letzte Woche mächtig einen auf die Ohren bekommen hatte, aber nun zum zweiten Mal in Folge in einem Heimspiel sechs Treffer und drei Punkte verbuchen konnte.

I.Mannschaft

Nun war es Zeit für den Headliner des Tages, der Tabellenführer der B-Liga gab sich die Ehre. Unsere erste Mannschaft empfing die Zweite der SG Egge. Also wieder eine zweite Mannschaft.
Der Schiedsrichter der Partie, Jakob Bußmann aus Borgentreich, traf sehr frühzeitig ein. Mit 20 Jahren sehr jung, aber mit einem durchaus selbstbewussten Auftreten gesegnet. Wie üblich bereiteten wir ihm einen freundlichen Empfang.
Unser Trainer Michael Scheele musste wieder einmal auf einige Kräfte verzichten. Leon Rustemeier, Kevin Voß, Patrick Brechtken und Daniel Schäfers fehlten weiterhin verletzungsbedingt, zudem fehlten die verhinderten Jaspar Wagemann und Lars Hoppe. Gerade letzterer, gefühlt an allen sieben bisher erzielten Treffern beteiligt und auf der rechten Seite als kongeniales Duo mit Noah Wagemann nicht wegzudenken, war ein herber Verlust. Aber unser Trainer pflegt zu sagen, dass man nicht wegen solcher Ausfälle lamentieren darf, sondern mit denen arbeiten und auf die setzen kann und muss, die da sind. Wer spielt, hat das volle Vertrauen. So soll es sein. Diese Einstellung gefällt und imponiert mir und die Mannschaft dankt es ihm bisher. So hoffentlich auch an diesem Nachmittag.
Das Tor hütete wie schon beim Spiel der Zweiten zuvor Maik Hartmann, der angeschlagene Lutz Müller saß als Backup auf der Bank.

Anpfiff

Der Schiedsrichter hatte es sehr eilig, schon fünf Minuten vor 15.00 Uhr bat er die Mannschaften an den Mittelkreis. So ging die Reise los.
Was wir zu sehen bekamen, kannten wir schon. Der SV 21 Bonenburg hinten Bomber-Sicher, Julian Meyer und Tommy Müller hatten die Sache vollkommen im Griff, abwechselnd spielten sie eine Art Libero, während sich der andere um Spielaufbau bemühte.
Dies gestaltete sich als schwierig, die Gäste standen sehr kompakt, verteidigten geschickt und ließen unserer Mannschaft wenig Spielraum. Entsprechend schwer tat sie sich, rannte sich immer wieder fest oder wurde zu Fehlpässen motiviert.
In der 14. Minute gab es dann einen Wechsel. Oder keinen. Wie man will. Christian Rüther kam für Kevin Hibbeln ins Spiel. Zwanzig Sekunden lang. Dann ging die Maßnahme rückwärts. Eine kleine Kuriosität am Rande.
Es dauert bis zur 17. Minute, bis unsere Mannschaft eine erste ernsthafte Torchance erarbeitete, ein langer Diagonalball erreichte Hendrik Hoppe im Strafraum, der aber angesichts seines vielen Platzes, den er hatte, offenbar selber überrascht war, so dass sein überhasteter Abschluss links am Tor vorbeiging.
Eine Minute später lag der Ball dann im Tor der Gäste, Julian hatte getroffen. Leider verweigerte der Schiedsrichter dem Treffer die Anerkennung, der Schütze war offenbar aus dem Abseits gekommen.
Es war das erwartet zähe Ringen, um jeden Meter Raum musste unsere Mannschaft kämpfen. Nennenswerte Torchancen gab es hüben wie drüben bis zur Halbzeit nicht mehr. Kevin Hibbeln wurde einige Male über die rechte Seite gut in Szene gesetzt, allerdings konnte er diese gelungenen Zuspiele nicht in Zählbares ummünzen.
Nach rund einer halben Stunde sah ein Spieler der Gäste für ungestümes Einsteigen die Gelbe Karte, was noch Folgen haben sollte. In der Folge hatte der Schiedsrichter den Missetäter auf dem Zettel und rannte kirschgelb umher, wie mir der Referee nach dem Spiel sagte.
Es war ein an Höhepunkten armes Spiel, aber die Null stand. Immerhin. Unsere Mannschaft ist in dieser Hinsicht absolut auf Rekordkurs.
Doch nach vorne tat sie sich schwer.

Halbzeit

Die Mannschaft ging unverändert in die zweite Hälfte, und auch das Bild auf dem Platz war unverändert. Sicherlich hatte unsere Mannschaft mehr Spielanteile, doch hinten ließen die Gäste wenig zu.
Diese machten sich in der 49. Minute zusätzlich das Leben selber schwer, denn besagter Spieler ließ sich erneut zu einem Foulspiel hinreißen und da der Schiedsrichter seine Linie konsequent verfolgte, zeigte er dem Delinquenten die Ampelkarte. Die Gäste nur noch zu zehnt.
Das schuf doch mehr Raum für unsere Mannschaft. Dachten wir. Doch die Gäste agierten nun mit dem Mute der Verzweiflung besser als zuvor zu elft.
Auch auf dem Platz wurde es nun giftiger, in einer Situation an der rechten Außenbahn kam es zu einer Rangelei, die glücklicherweise folgenlos blieb. Thomas Müller, der die Zuschauer (und mich) nur Sekunden vorher zur Ruhe gemahnte (ausgerechnet), war mittendrin. Statt nur dabei.
Nach gut einer Stunde wechselte unser Trainer zweimal, brachte Daniel Berendes und Dennis Kleinert in die Partie. Zwei Routiniers, die den tödlichen Pass beherrschen, den Ball festmachen und vorne für Unruhe sorgen können.
Doch auch in der Folge änderte sich am Spielverlauf wenig. Die Gäste kamen zu zwei Chancen, einmal ließ Maik einen Ball nach vorne abprallen, ein Gästespieler konnte den Abstauber glücklicherweise nicht nutzen (70.) und nur eine Minute später ging ein Distanzschuss der Gäste knapp am linken Torwinkel vorbei.
Die Uhr lief und lief. Sollten wir erstmals diese Saison Punkte liegenlassen?
Etwa eine Viertelstunde vor Schluss musste unsere Mannschaft erneut wechseln, Joseph Schwiddessen hatte sich in einem Zweikampf eine sichtbare Blessur am Knie zugezogen, für ihn kam Pascal Kleinert ins Spiel. Unserem Joseph sei an dieser Stelle gute Besserung gewünscht in der Hoffnung, dass es keine schlimmere Verletzung ist.
Die Uhr raste, wie schnell die Zeit vergeht, wenn man die Lücke in der gegnerischen Abwehr suchen muss. Allmählich musste ich mit dem Gedanken anfreunden, nur einen Punkt zu holen. Sollten die Schreiberlinge unserer Lokalpresse etwa Recht behalten, die Unentschieden (2-2) getippt haben (wer unsere Mannschaft bisher gesehen hat, weiß, dass dieser Tipp zu 99% nicht zutreffen kann)?
Zehn Minuten noch…neun…acht…sieben…sechs…nervös hüpfte ich vom linken Bein aufs rechte und umgekehrt. Tobi Ricken im Strafraum. Über die rechte Seite. Spitzer Winkel. Tobi zieht ab…ins TOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOR!!!!!
Es war die 85. Spielminute. Nicht die Allerneunzigste. Aber fast.
Die Zuschauer (mit etwa 60 waren es deutlich weniger als sonst) flippten aus – ein gigantischer Torschrei, sicherlich bis Westheim und Dalhausen hörbar, entlud sich, Bierduschen, Schwene sprang mich freudentrunken von hinten an, auch die übrigen SVBler lagen sich in den Armen. Wie im Stadion. Nur besser. Weil Bonenburg!
Geil, Geiler, Tobi!
Nun hieß es, diesen Vorsprung über die Zeit zu schaukeln. Ball besitzen, Ball behalten. Jetzt lief die Zeit noch langsamer als zuvor schon. Bäh.
Doch unsere Mannschaft, in der Defensive diese Saison sowieso eine Bank, ließ nichts, aber auch gar nichts mehr anbrennen. So pfiff der Schiedsrichter nach einer kurzen Nachspielzeit ab und der fünfte Sieg in Folge war amtlich. Alle in schwarz-weiß rissen die Arme hoch, der Jubel kannte keine Grenzen.

Abpfiff

Wo man hinschaute, glückliche Gesichter. Die nächste Hürde war genommen.
Was für eine Bilanz in der Liga:
Fünf Spiele.
Fünf Siege.
Fünfzehn Punkte.
Acht zu Null (!) Tore.
Die SpVgg Egge II war der erwartet schwere Gegner, aber nach Abpfiff erwiesen sie sich als guter Verlierer, kamen nahezu vollständig auf unsere Seite und verbrachten noch etwas Zeit bei uns. Sehr angenehme Zeitgenossen, wirklich!
Die dritte Halbzeit dauert nach solch „dreckigen“ Siegen traditionell etwas länger als sonst, auch der Heimweg war etwas länger, da ich in der Thater-Straße noch einen kurzen Zwischenstopp auf einer Terrasse machte, um die leeren Getränkeakkus (vom Sportplatz bis dahin sind es schon ein paar Meter…) aufzuladen.
Welch ein Tag!
Ich liebe diesen Verein!
Nur der SVB!